Welche sind die Chancen und Risken der neuen Trends im Recruiting im Zeitalter der Generativen Künstlichen Intelligenz? Franck Runge, Vizepräsident der CCFA und Gründer der Plattform EFA (Emploi Francophone en Autriche) informiert uns über die Auswirkungen der GKI. Tagtäglich setzt er sich mit diesem zentralen Thema sowohl in der Unternehmensberatung bei SERVITHINK als auch im Executive & Expert Search bei Pendl & Piswanger auseinander.
November 2022, ChatGPT wird frei und kostenlos für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. November 2023, sämtliche 20 Mitarbeiter der Customer Care Abteilung eines Unternehmens werden gekündigt – die gesamte Abteilung wird durch die generative künstliche Intelligenz ersetzt. Für die Kunden ändert sich nichts, sie bekommen weiterhin ein Ticket für ihre Anfragen.
Dieses Beispiel spiegelt gut wider, wie rasant die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) und insbesondere der Generativen Künstlichen Intelligenz (GKI) erfolgt und wie tiefgreifend die Veränderungen in zahlreichen Bereichen schon heute sind. Diese steht im Begriff, den Arbeitsmarkt nachhaltig zu transformieren, sogar die Methoden der Personalbeschaffung.
Die GKI ist fähig, Texte in allen Sprachen, Bilder und Musik auf Basis einfacher Anweisungen zu erstellen und verspricht enorme Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen in unzähligen Anwendungsbereichen. Gleichzeitig wirft die GKI grundlegende Fragen hinsichtlich der Arbeitsprozesse, der Berufsbilder, der Arbeitsplatzsicherheit, der erforderlichen Kompetenzen, sowie der sozialen und ethischen Implikationen auf.
Zahlreiche Berufe, die repetitiv, zeitintensiv oder automatisiert sind, können mit diesen neuen Tools verbessert oder erleichtert werden. Bei Berufen, welche darüber hinaus keine hohe Technizität aufweisen, wie in der Administration oder Vertriebsassistenz, besteht die große Gefahr, dass sie bald gänzlich durch GKI ersetzt werden. Bei Berufen hingegen, für die eine intensive zwischenmenschliche Interaktion erforderlich ist, etwa im Gesundheits- und Pflegebereich, sieht es derzeit noch nicht danach aus, als würden Roboter das Feld übernehmen.
Bei der Suche und Auswahl von Mitarbeitern hat die GKI die Karten schon jetzt neu gemischt: Einerseits haben die Veränderung der Berufsbilder und die digitale Transformation am Arbeitsplatz zu einem Ungleichgewicht bei der Verfügbarkeit vom Fachpersonal geführt. Wir bemerken, dass ein Überfluss von niedrig qualifiziertem Personal einem Engpass von neuen hochqualifizierten Fachkräften gegenübersteht.
Andererseits haben wir im Recruiting, nicht nur im Executive Search, die Suchmethoden und die Werkzeuge den neuen Rahmenbedingungen angepasst, um die Prozesse zu optimieren und effektiver zu gestalten. Die GKI ermöglicht eine präzisere und effizientere Talentakquise. Bewerberdaten können besser analysiert werden, um die geeignetsten Kandidaten für eine Stelle zu identifizieren. Zudem möchten wir auf die Unterstützung von GKI bei der Formulierung von Stellenanzeigen nicht mehr verzichten.
Diese Technologie ermöglicht, die Rekrutierungsprozesse zu optimieren, natürlich vorausgesetzt, dass die Personalverantwortlichen den Umgang mit den neuen Tools auch beherrschen. So haben wir längst gelernt, die Semantik bei der Verwendung von ChatGPT zu optimieren, aber auch die durch sie generierten Empfehlungen kritisch zu bewerten. Darüber hinaus erleichtert die GKI den Einsatz von innovativen und kreativen Methoden, um qualifizierte Kandidaten anzuziehen, wie zum Beispiel Active Sourcing oder Gamificaton.
In diesem Zusammenhang kommen ethische Fragen auf, folglich besteht die Notwendigkeit einer Regulierung. Gerade im Recruiting, insbesondere bei der Verarbeitung sensibler persönlicher Informationen von Bewerbern, ist die Einhaltung von strengen Datenschutzbestimmungen von großer Bedeutung.
Die Geschwindigkeit der Veränderungen, die von der GKI hervorgerufen werden, ist mindestens so atemberaubend wie die Technologie an sich. Wie eingangs erwähnt, vor 12 Monaten kannten wir den Begriff ChatGPT noch nicht, heute kann dessen Einsatz dazu führen, dass ganze Abteilungen geschlossen werden.
Die Wahrnehmung dieser Geschwindigkeit ist wichtig: Wie wollen wir Menschen ausbilden, wenn wir die weiteren Entwicklungen, den Kompetenzbedarf und die Berufe der nahen Zukunft noch gar nicht kennen?
Im Umgang mit der GKI steht das Bildungswesen vor einer großen Herausforderung, man denke etwa an die Diskussion um Verwendung oder Einbindung von ChatGPT im Unterricht. Es bedarf einer dringenden Anpassung der Lehrpläne sowie Entwicklung von Weiterbildungsprogrammen, damit jene Kompetenzen gefördert werden, welche in einer von KI geprägten Arbeitswelt gefragt sind bzw. gefragt sein werden. Eine Adaptierung in der Bildung und Weiterbildung ist erforderlich, um die Arbeitskräfte auf die neuen Technologien vorzubereiten und ihre Fähigkeiten entsprechend zu erweitern. Wir sind alle betroffen und kommen nicht umhin, unsere künftige – weitgehend personalisierte – Weiterbildung oder Umschulung selbst in die Hand nehmen, um am Ball zu bleiben.
Um im weltweiten technologischen Wettbewerb zu reüssieren, um die schier unbegrenzten Möglichkeiten zu nutzen und gleichzeitig die Risiken zu minimieren, müssen Unternehmen und Bildungseinrichtungen, Gesellschaft und Politik und auch die Menschen in Europa gemeinsam aktiv agieren.
Der Gesetzgeber ist gefragt, Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz der GKI in der Arbeitswelt zu erstellen. Diese müssen sowohl eine Effektivitäts- und Effizienzsteigerung ermöglichen als auch ethische und soziale Standards wahren, sie müssen diskutiert, entwickelt und laufend angepasst werden. Die EU arbeitet derzeit an einem KIGesetz. Die Einigung über umfassende Regelungen für eine vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz wurde im Dezember 2023 erzielt. Es wird noch einige Zeit vergehen, bevor diese effektiv in Kraft treten. Die neuen Technologien haben auch den Bezug zur Arbeitswelt und deren Wertigkeit wesentlich verändert. Diese Trends wurden durch die Mobilitätseinschränkungen, die wir im Lockdown erlebt haben, noch verstärkt.
Hier spreche ich von der Abkehr von der physischen Präsenz im Büro, von dem vor wenigen Jahren noch undenkbaren Homeoffice genauso wie von der zunehmend mangelnden Bereitschaft, ganze 38,5 Stunden in der Woche zu arbeiten. Stichwort Work-Life- Balance, die jüngeren Generationen stellt überhaupt die Zentralität der Arbeit in Frage. Als Pendl & Piswanger haben wir in Kooperation mit M.O.O.CON und Identifire die Studie „Longing for Belonging“ herausgebracht, in der wir die Bindung der Mitarbeiter in der sich ändernden Arbeitswelt analysieren. Denn bei den angeführten Entwicklungen ist es in der Personalberatung zu einem Thema geworden, inwieweit Mitarbeiter sich den Unternehmen verbunden oder zugehörig fühlen. Die GKI ist eine technologische Revolution. Für uns bewirkt sie einen Wandel in der Art und Weise, wie wir arbeiten, wie wir Talente rekrutieren und wie Unternehmen in ihrer Beziehung zu ihren Mitarbeitern begleiten. Überall dort, wo Menschen arbeiten und speziell in unserem Bereich der Personalberatung sehen wir baldigen Regelungen mit großem Interesse entgegen, damit wir unsere Arbeit den neuen Gegebenheiten optimal anpassen, die enormen Möglichkeiten der GKI und der neuen Technologien voll ausschöpfen und gleichzeitig eine inklusive und faire Arbeitswelt gestalten können.
Dieser Artikel wurde mit Menschlicher Intelligenz verfasst.
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Franck Runge, Geschäftsführer
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